Attendorner Juden in der Schützengesellschaft

Historische Aufnahme des Attendorner Schützenfestes aus dem Jahr 1914
Attendorner Schützenfest 1914. Der beleibte Schützenbruder im Vordergrund ist Ari Böheimer. (Foto: Nachkommen Böheimer, Bildarchiv Hosenfeld)

 

Passend zum Attendorner Schützenfest am ersten Juli-Wochenende werfen wir einen Blick zurück in die Zeit, als einige Attendorner Juden selbstverständlich Mitglied der Schützengesellschaft Attendorn waren.

 

Denn die Mitgliedschaft in den örtlichen Vereinen war auch für die Attendorner Juden ein wichtiges Indiz für die gesellschaftliche Integration.

 

A. A. Ursell stiftete der Schützengesellschaft bereits 1808 und 1809 Plaketten

Ob Abraham Aaron Ursell schon der Attendorner Schützenbruderschaft angehörte, ist fraglich; sicher ist aber, dass dieser im Jahre 1808 eine erste Gedenkplakette den Schützen widmete, die erst im Jahr 1995 wieder entdeckt wurde.

 

In die Plakette ist eingraviert: „Zum Andenken von Abraham Aaron und deß Ehefrau Gudel Aaron gebohrne Joseph Atten Dorn 5 mei 1808.“ Auch am 30. Mai 1809 stiftete er eine Plakette mit der Gravur: „Es lebe die löbliche Alte Schützen Bruderschaft das wünschet Abraham Aaron ursell und dessen Ehefrau gutel ursell gebohrne joseph zu Attendorn am 30ten Mai 1809“ für die historische Königskette des zweiten Zuges.

 

Die Plaketten sind heute im Südsauerlandmuseum in Attendorn ausgestellt:

 

1809 schenkte Abraham Aaron Ursell der Schützenkompanie einen Silberpfennig. Die WP schrieb in ihrer Sonderbeilage vom 2. Juli 1993 zum Attendorner Schützenfest: „Daß das Mitglied einer jüdischen Familie eine Schützenplakette stiftete, dürfte zumindest ungewöhnlich sein. Andererseits zeigte es die enge Verbundenheit der Familie Abraham Ursell mit der Attendorner Schützengesellschaft. In dem vor einigen Jahren wiedergefundenen Rezeßbuch der Schützengesellschaft findet sich folgender Vermerk: 1809 am 1. Juli ist der Compagnie zwey silberne Pfennige geschenkt, einen von Aaron Ursell und dessen Ehefrau Gutel, geborene Joseph hieselbst und der andere von Peter Schwane von Arensberg und haben beide an Gewicht 5 Lot.“

 

Der "Skandal" um Sotig Mai

Im Jahr 1851 kam es im Zusammenhang mit der Fronleichnamsprozession des Jahres zu einem folgenschweren Eklat, weil die Schützen einen Juden an exponierter Stelle beteiligt hatten ("Der Skandal um Sotig Mai" - HIER geht es zu dieser Geschichte).

 

"Vater hat uns auf dem fest würdig vertreten!"

Kenntnisse, ob in der Zeit von 1851 bis zum Beginn des 1. Weltkrieges Juden Mitglieder der Attendorner Schützengesellschaft waren, liegen nicht vor. Fest steht, dass, wie durch das o.a. Foto belegt ist, 1914 Ari Böheimer Mitglied der Attendorner Schützengesellschaft war.  

 

Nach Auskunft von Dr. Klaus Böheimer (London) ist der beleibte Schütze im Vordergrund sein Großvater Ari Böheimer. Dieses Bild war mit folgendem Text als Postkarte an Herrn cand. med. Julius Böheimer, Berlin, verschickt worden: "Lieber Julius; Vater hat uns wie Du siehst auf dem Fest würdig vertreten. Er schickt Dir dies als Beweis. Herzliche Grüße Deine Mutter Viele Grüße! Ich freu mich schon auf die schönen Bilder. Deine Agnes" (Schwester von Julius Böheimer, Zus. des Verf.)

 

Hermann Stern und Julius Ursell waren die letzten jüdischen Schützenbrüder in Attendorn

Hermann Stern und Julius Ursell waren die letzten jüdischen Schützenbrüder in Attendorn. Das Protokoll über die Sitzung des Schützenvorstandes vom 26.10.1933 gibt Auskunft über den Austritt der beiden o. a. Schützenbrüder. „Die Versammlung nimmt Kenntnis von dem erfolgten Austritt der beiden Schützenbrüder Hermann Stern und Julius Ursell, welche immer recht treue Schützenbrüder gewesen sind.“

 

Quellen: 

 

Hartmut Hosenfeld: "Jüdisch in Attendorn. Die Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Attendorn." (Jüdisches Leben im Kreis Olpe, Band IV. Attendorn, 2006)

 

Otto Höffer, Stadtarchiv Attendorn