Verlegestelle Kölner Straße 40

4 Stolpersteine

Vier Stolpersteine

Stolpersteine verlegt am 15.11.2006 in Kölner Straße 40 in Attendorn. Gestiftet vom SPD-Ortsverein Attendorn (Stolpersteine Else, Günther und Jakob Ursell) und von den Enkeln von Martha Ursell: Harry, Eric, Frank, John und Ted Selker-Ursell aus den USA. Harry, Eric, und John waren am Tag der Verlegung in Attendorn anwesend. (Foto: Tom Kleine)

  • Else Ursell (Kaufmann), geborene Hentschel, *13.04.1890 in Golmbach, verwitwete Ursell, lebte mit ihren Söhnen bis 1940 in Attendorn
  • Günther Ursell, *10.04.1921 in Attendorn
  • Jakob Herbert Ursell, *07.03.1926 in Attendorn
  • Martha Ursell, geborene Kahn, *10.08.1888 in Eschwege. Martha Ursell lebte bis 1939 in Attendorn

Familie Albert Ursell

Else Ursell, geb. Hentschel
*13.04.1890 in Golmbach
Am 28.10.1942 ins KZ Auschwitz überstellt und dort ermordet, Gesellschafterin der Firma A. A. Ursell, seit 24.03.1920 verheiratet mit Albert Ursell

 

Günther Ursell

 

Günther Ursell
*10.04.1921 in Attendorn, gest. nach 1941 im Konzentrationslager Auschwitz

 

Jakob Joseph Herbert Ursell
*07.03.1926 in Attendorn, gest. 04.08.1942 im Konzentrationslager Majdanek

 

Nach der Arisierung der Firma A. A. Ursell lebte Else Ursell mit ihrem jüngeren Sohn Herbert zunächst noch in ihrer Villa an der Kölner Straße, der ältere Sohn hatte Attendorn schon im Jahr 1937 Richtung Frankfurt verlassen. Nach der Zerstörung ihres Besitzes während des  Novemberpogroms entschloss sich Else Ursell zur Auswanderung. Wegen des erheblichen Vermögens und des noch vorhandenen Grundbesitzes wurde ihr zur Abwicklung ihrer Auswanderungsangelegenheit seitens der Devisenstelle der Oberfinanzdirektion Westfalen in Münster für sich und die beiden minderjährigen Söhne ein eigener Sachbearbeiter zugewiesen.

 

„Es war beabsichtigt, durch Abgabe größerer Beträge an die deutsche Golddiskontbank eine wenigstens teilweise Transferierung des Gesamtkapitals zu erreichen. Die Verfolgte stand bereits mit der Dominikanischen Republik in Verhandlung wegen des Aufbaus einer Blechwarenfabrik in Mittelamerika, und es waren zu diesem Zweck bereits umfangreiche Exposes ausgearbeitet. Durch den Kriegsausbruch kam es nicht mehr zur Durchführung dieser Pläne.“


„Da Frau Ursell das Leben in Attendorn unerträglich gemacht wurde, […] hielt sie sich in der Folgezeit in Köln und München auf, ohne dass sie in diesen Städten einen neuen festen Wohnsitz begründete. Sie wohnte bei Bekannten und in jüdischen Pensionen.“

 

Um eine letzte Ausreisemöglichkeit zu nutzen, heiratete sie am 26.6.1940 den verwitweten Geschäftsmann Max Kaufmann aus München, der am 25.4. 1876 in Bitburg geboren worden war. Frau Else Ursell meldete sich und ihren jüngsten Sohn am 4. Juli 1940 von Attendorn nach München, Schwantaler Straße 17 ab. Die Eheleute Kaufmann / Ursell mieteten mehrere Wohnungen in München an in der Hoffnung, so mit ihren Kindern einer Denunziation entgehen zu können. Die beabsichtigte Ausreise zerschlug sich aber erneut. Max Kaufmann und seine Ehefrau Else, verwitwete Ursell, wurden am 23.07.1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie im Ghetto wohnten und als Zwangsarbeiter beim Straßenbau gesehen worden sein sollen. Das sei der letzte Lebensbeweis von ihnen. Beide wurden am 28.10.1942 ins KZ Auschwitz überstellt und kamen dort ums Leben.


Günther Ursell, der schon im Jahr 1937 nach Frankfurt und von dort nach München verzogen
war, wurde laut geprüfter Transportliste der Gestapo München am 15.11.1941 „nach dem Osten“
– nach Riga – evakuiert. Der genaue Todesort und das Todesdatum sind nicht bekannt.


Sein Bruder Jakob Joseph Herbert Ursell wurde am 03.04.1942 aus München „nach dem Osten“
evakuiert (eventuell KZ Majdanek). „Ursell, Herbert, geboren am 7. März 1926 in Attendorn,
Staatsangehörigkeit: deutsch, ist am 4. August 1942 im Kriegsgefangenenlager Lublin verstorben,
Häftlingsnummer 7797“.

Martha Ursell, geb. Kahn

Martha Ursell

Martha Ursell, geb. Kahn
*10.08.1888 in Eschwege, deportiert am 28.03.1942 von Berlin nach Twarnici (Polen).

Gesellschafterin der Firma A. A.Ursell.

 

Erich Albert Josef Ursell
*10.01.1915 in Attendorn, gest. 10.07.1995 in den USA


Margarethe Ursell
*10.02.1918 in Attendorn, gest. 18.07.2009 in den USA


Liselotte Ursell
*20.11.1919 in Attendorn, gest. 1974 in den USA (Cleveland, Ohio)


Die drei Kinder der Familie Julius und Martha Ursell konnten mit einem Kinder- bzw. Jugendtransport nach England dem Naziterror entkommen.

 

Julius Ursell und Martha Kahn lernten sich auf einer Feier bei weitläufigen Verwandten „unter
Mithilfe einer Tante“ kennen. Am 24. Dezember 1913 heirateten sie in Eschwege.


Die Familie wohnte zunächst am heutigen Südwall im Nebeling`schen Haus, neben dem sogenannten Direktorenhaus. Anschließend bezog die Familie das neu erbaute Haus in Attendorn, Waldenburger Weg 5. Diese Villa wurde 1925 für 100.000 Mark (Angaben aus der Wiedergutmachungsakte) erbaut und im Attendorner Volksmund „Villa Zion“ genannt.


Julius Ursell starb am 22.02.1936 überraschend auf einer Geschäftsreise in Brüssel. Dort hatte er
versucht die Firma A. A. Ursell zu verkaufen. Seine Urne wurde auf dem jüdischen Friedhof in Attendorn beigesetzt.


Martha Ursell entschloss sich nach dem Pogrom zur Auswanderung und verkaufte ihre Villa an den
Fabrikanten Anton Tielke. Die Reste der Einrichtung wurden in sogenannten Lifts nach Berlin geschickt.

 

Durch den Kriegsausbruch wurde die Auswanderung jedoch unmöglich. In der Folgezeit suchte Martha Ursell bei Verwandten ihr Unterkommen.


So wohnte sie unter anderem in Wuppertal-Elberfeld, Augustastr. 54 und in Berlin bei ihrer Schwester, Dr. Margarete (Grete) Kahn.


Die Witwe Julius Ursell, Martha, geborene Kahn, meldete sich mit Datum vom 22.12.1939 von Attendorn nach Berlin-Wilmersdorf, Rudolstädterstr. 127 ab. Laut Unterlagen der  Wiedergutmachungsakte der Familie Julius Ursell trafen die Lifts nie in Berlin ein. Nach Aussagen von Margarethe Ursell bekam sie als letztes Lebenszeichen einen Brief von ihrer Mutter im April 1940.


In Berlin wurde Martha Ursell zur Zwangsarbeit in einem Rüstungsbetrieb zur Herstellung von Ketten für Panzer zwangsverpflichtet.


Im Jahr 1942 zog sie in die Moritzstraße 75 in Berlin 30. Am 28. April 1942 wurde sie von der Gestapo verhaftet und in das KZ Twarnici bei Lublin deportiert – Verhaftungsgrund „Jüdin“ – und ist dort „verschollen“.