Die Wohltäterin Minna Ursell - Eine Attendorner Biografie

Minna Ursell kann als eine der größten Wohltäterinnen der Stadt Attendorn bezeichnet werden. Über die „Minna-Ursell-Stiftung“ wurde in der Hansestadt konfessionsübergreifend sehr viel Gutes bewirkt.

 

Minna Ursell wurde am 16. November 1846 unter ihrem Mädchennamen Minna Schöneberg als Tochter des jüdischen Handelsmannes Koppel Schöneberg und dessen Ehefrau Friederike, geb. Falkenstern, in Salzkotten geboren.

 

Am 18. März 1873 heiratete Minna Schöneberg den jüdischen Unternehmer Joseph Ursell, geb. am 27. Juni 1838 in Attendorn. Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor.

 

Joseph Ursell hatte nach dem Tod des Vater Aaron Abraham Ursell die Leitung des Unternehmens A. A. Ursell übernommen.

 

Der am 21. Oktober 1882 verstorbene Kaufmann A. A. Ursell hatte in seinem Testament vom 9. Januar 1871 folgende Bestimmung getroffen:

 

„Mein Haupterbe muß nach meinem Tode folgende Vermächtnisse auszahlen:

a) an von ihm auszuwählende jüdische Arme: fünfzehn Taler

b) an katholische Arme der Stadt Attendorn: zehn Taler

c) an katholische Arme der Landgemeinde Attendorn: zehn Taler

d) an evangelische Arme der evangelischen Gemeinde Attendorn: zehn Taler.

 

Als Haupterbe ist in diesem Testamente der Sohn Joseph Ursell eingesetzt.“

 

Dieses Testament wurde vier Jahre nach dem Tode des Haupterben Joseph Ursell (verstorben am 29. Mai 1898) eröffnet.

 

Dessen Sohn Albert schenkte im Januar 1918 im Auftrag der Familie der Armenverwaltung der Stadt Attendorn ein Kapital in Höhe von 5000 Mark mit der Weisung, daraus die „Minna-Ursell-Stiftung“ zu bilden.

 

Die Zinsen des Kapitals sollten nach Ermessen der Armenverwaltung in erster Linie solchen Bedürftigen der Stadt Attendorn zugewendet werden, deren unterhaltspflichtige Angehörige im Krieg gefallen waren. Wenn nicht genügend bedürftige Kriegshinterbliebene vorhanden sein sollten, so sollten auch andere Arme der Stadt aus der Stiftung bedacht werden.

 

Die Verwaltung des Kapitals und der Zinsen sollte durch die Armenverwaltung der Stadt erfolgen. Die jährlichen Zinsen sollten jeweils eine Woche vor Weihnachten zur Verteilung gelangen.

 

Mit Schreiben vom 23. April 1918 wurde die Schenkung und Bildung der „Minna-Ursell-Stiftung“ seitens der Regierung in Arnsberg genehmigt.

 

Im Oktober 1918 stellten die Brüder Albert und Julius Ursell weitere 5000 Mark der Stiftung zur Verfügung. Am 21. Dezember 1918 verfügte die Stiftung über ein Kapital von 10.000 Mark.

 

Die erste Verteilung der Zinsen (=237,21 Mark) erfolgte laut Magistratsbeschluss am 20. Dezember 1918. Neun Kriegerwitwen erhielten jeweils 15 Mark, der Restbetrag wurde zu gleichen Teilen nach der Kopfzahl der Kinder unter 14 Jahren verteilt. Für jedes Kind bekamen die Witwen 5,68 Mark.

 

In den folgenden Jahren wurden ausgeschüttet:

1918 - 237,21 Mark

1919 - 458,58 Mark

1920 - 422,22 Mark

1921 - 459,10 Mark

1922 - 455,60 Mark

1923 - 455,60 Mark

 

Außer den Geldern für die o. a. Stiftung machte Albert Ursell Sachspenden für das städtische Krankenhaus. Im Attendorner Volksblatt vom 27. April 1920 heißt es:

 

„Der Herr Bürgermeister teilte mit, daß Herr Albert Ursell dem Krankenhaus einen Röntgenapparat geschenkt hat, nach dem er kürzlich schon eine künstliche Höhensonne geschenkt habe. Die Versammlung beauftragt den Bürgermeister Herrn Ursell den Dank der Stadt zum Ausdruck zu bringen.“

 

Wie lange die „Minna-Ursell-Stiftung“ bestanden hat, ist nicht mehr festzustellen. Minna Ursell galt als religiöse Frau. Sie überlebte ihren Mann Joseph um rund 30 Jahre und feierte ihren 80. Geburtstag in guter geistiger und körperlicher Frische. Sie verstarb am 2. Mai 1927 und ist auf dem jüdischen Friedhof in Attendorn bestattet.

Grabstein auf einem jüdischen Friedhof
"Du hinterließest uns einen großen Schatz: Einen guten Namen!" - Minna Ursell ist auf dem jüdischen Friedhof in Attendorn bestattet. (Foto: Tom Kleine)